Ganzjahresreifen im Praxistest: Fahrverhalten in Deutschland

Ganzjahresreifen gewinnen in Deutschland immer mehr Anhänger, weil sie den saisonalen Reifenwechsel ersparen und für viele typische Alltagsfahrten ausreichend Sicherheit bieten. Doch wie gut funktionieren Allwetterreifen wirklich im wechselhaften Klima zwischen Nordsee, Mittelgebirge und Alpen, und wo liegen ihre Grenzen im Vergleich zu Sommer- und Winterreifen?

Ganzjahresreifen im Praxistest: Fahrverhalten in Deutschland

Ganzjahresreifen im Praxistest: Fahrverhalten in Deutschland

Das Klima in Deutschland stellt Reifen vor besondere Herausforderungen: milde, oft nasse Winter im Norden, mehr Schnee in höheren Lagen, dazu heiße Sommertage und viele Autobahnkilometer. In diesem Spannungsfeld sollen Ganzjahresreifen einen praxistauglichen Kompromiss bieten. Der folgende Überblick zeigt, was Allwetterreifen können, wie sie gegenüber Spezialreifen abschneiden und für welche Fahrprofile sie sich eignen.

Ganzjahresreifen verstehen: Was sie leisten und wann nicht

Ganzjahresreifen kombinieren Eigenschaften von Sommer- und Winterreifen. Ihr Gummi ist so abgestimmt, dass er bei niedrigen Temperaturen nicht zu hart wird, bei Wärme aber trotzdem ausreichend stabil bleibt. Das Profil besitzt in der Regel mehr Lamellen und Querrillen als ein klassischer Sommerreifen, aber weniger ausgeprägte Blockstrukturen als ein reiner Winterreifen.

Im Alltag bedeutet das: Auf nasser Fahrbahn und bei leichten Minusgraden liefern moderne Allwetterreifen ein ordentliches Sicherheitsniveau. Ihre Grenzen erreichen sie vor allem auf festgefahrenem Schnee, Eis und in Bergregionen, wo die Traktion und Bremswege meist hinter guten Winterreifen zurückbleiben. Auch bei sehr sportlicher Fahrweise oder dauerhaft hohen Autobahngeschwindigkeiten sind spezialisierte Sommerreifen in der Regel im Vorteil.

Definition und Kennzeichnung: Was sind Allwetterreifen genau?

Rein rechtlich gibt es in der EU keine eigene Kategorie nur für Ganzjahresreifen. Entscheidend ist, welche Kennzeichnungen der Reifen trägt. Für den Einsatz bei winterlichen Straßenverhältnissen in Deutschland ist das Alpine-Symbol wichtig: eine dreigezackte Bergpiktogramm mit Schneeflocke. Trägt ein Allwetterreifen dieses Symbol, gilt er im Sinne der situativen Winterreifenpflicht als wintertauglich.

Daneben finden sich häufig die Bezeichnung M+S und Angaben zu Tragfähigkeitsindex und Geschwindigkeitsindex auf der Reifenflanke. Diese Werte müssen mindestens zu Fahrzeug und Fahrzeugpapieren passen. Für die Sicherheit spielt außerdem die Profiltiefe eine große Rolle: Gesetzlich sind 1,6 Millimeter vorgeschrieben, praktisch gelten bei Reifen mit Winterfunktion etwa 4 Millimeter als sinnvolle Untergrenze, um Traktion und Bremsleistung zu erhalten.

Ganzjahresreifen im Vergleich: Leistung gegenüber Spezialreifen

Vergleicht man Ganzjahresreifen mit klassischen Sommer- und Winterreifen, zeigen Testberichte ein klares Muster: Allwetterreifen liegen bei vielen Disziplinen im Mittelfeld. Auf trockener Straße bei sommerlichen Temperaturen bremsen gute Sommerreifen oft kürzer und bieten präzisere Rückmeldung in schnellen Kurven. Auf nasser Fahrbahn kommen moderne Ganzjahresreifen dank optimierter Gummimischungen und Lamellenstrukturen meist an die Leistungen solider Sommerreifen heran.

Auf Schnee und Eis dagegen ist der Unterschied zu guten Winterreifen meist spürbar. Winterreifen sind auf maximale Haftung bei niedrigen Temperaturen und winterlichen Fahrbahnen ausgelegt, während Ganzjahresreifen versuchen, ein breites Spektrum abzudecken. Für Fahrende, die hauptsächlich in der Stadt und im Flachland unterwegs sind und nur selten mit viel Schnee zu tun haben, kann dieser Kompromiss jedoch durchaus sinnvoll sein.

Allwetterreifen vs. Winterreifen: Entscheidende Unterschiede

Der wichtigste Unterschied liegt in Gummimischung und Profilgestaltung. Winterreifen besitzen besonders weiche Mischungen, die auch bei strengen Minusgraden elastisch bleiben, und viele feine Lamellen, die sich in Schnee und Eis verzahnen. Allwetterreifen sind etwas härter abgestimmt, um im Sommer nicht zu stark zu walken und sich weniger schnell abzunutzen.

In der Praxis führt das dazu, dass Winterreifen auf verschneiten Anstiegen besser anfahren, stabiler lenken und in vielen Situationen kürzere Bremswege erzielen. Wer regelmäßig in Mittel- oder Hochgebirgsregionen unterwegs ist oder früh morgens auf ungeräumten Landstraßen fahren muss, erhält mit echten Winterreifen meist mehr Reserven. Ganzjahresreifen bieten dagegen bei Übergangswetter, nasser Fahrbahn und moderaten Temperaturen ein stimmiges Gesamtpaket, sind aber kein Ersatz für vollwertige Winterbereifung unter anspruchsvollen Bedingungen.

Vor- und Nachteile der Ganzjahresreifen: Wann lohnen sie sich?

Ein oft genannter Vorteil von Ganzjahresreifen sind Bequemlichkeit und Zeitersparnis: Es entfällt der saisonale Reifenwechsel samt Terminorganisation und eventueller Einlagerung. Zudem müssen nur ein statt zwei Reifensätze angeschafft werden. Auf der anderen Seite sind Allwetterreifen über das Jahr gleichmäßig im Einsatz und verschleißen dadurch meist schneller, sodass sie früher ersetzt werden müssen als zwei abwechselnd genutzte Sätze.


Produkt/Service Name Anbieter Zentrale Merkmale Kostenschätzung
Michelin CrossClimate 2 Michelin Starke Leistung auf trockener und nasser Fahrbahn, gute Wintereigenschaften für Alltagsnutzer ca. 110–140 € pro Reifen (205/55 R16)
Goodyear Vector 4Seasons Gen-3 Goodyear Ausgewogenes Fahrverhalten, gute Nässe-Performance, solide Wintertauglichkeit ca. 100–130 € pro Reifen (205/55 R16)
Continental AllSeasonContact 2 Continental Effizienter Rollwiderstand, gutes Nassbremsen, Fokus auf Sicherheit und Verbrauch ca. 105–135 € pro Reifen (205/55 R16)
Hankook Kinergy 4S 2 Hankook Preis-Leistungs-orientiert, ordentliche Allround-Eigenschaften für Stadt- und Pendelverkehr ca. 80–110 € pro Reifen (205/55 R16)
Nexen N Blue 4 Season 2 Nexen Günstigere Alternative, auf Alltagstauglichkeit und Komfort ausgelegt ca. 70–95 € pro Reifen (205/55 R16)

Preise, Tarife oder Kostenschätzungen in diesem Artikel basieren auf den neuesten verfügbaren Informationen, können sich jedoch im Laufe der Zeit ändern. Eine eigenständige Recherche wird vor finanziellen Entscheidungen empfohlen.

In der Praxis hängen die tatsächlichen Kosten stark von Reifendimension, Last- und Geschwindigkeitsindex, Marke und Kaufort ab. Größere Felgendurchmesser und höhere Geschwindigkeitsfreigaben treiben die Preise spürbar nach oben. Zusätzlich zum reinen Reifenkauf kommen Montagekosten in Werkstatt oder Reifenfachbetrieb hinzu, eventuell auch Auswuchten und Altreifenentsorgung. Wer bislang zwei Reifensätze inklusive Felgen nutzt, sollte außerdem bedenken, dass bei Ganzjahresreifen ein zweiter Felgensatz und die Einlagerung entfallen können, was die Gesamtrechnung beeinflusst.

Unter realen Fahrbedingungen lohnen sich Ganzjahresreifen besonders für Fahrerinnen und Fahrer mit eher moderater Jahresfahrleistung, überwiegend innerstädtischer oder vorstädtischer Nutzung und seltenen Fahrten in Regionen mit starkem Schneefall. Wer dagegen häufig im Gebirge unterwegs ist, regelmäßig frühmorgens auf ungeräumten Strecken fährt oder hohe Geschwindigkeiten auf Autobahnen nutzt, profitiert meist weiterhin von der Kombination aus hochwertigen Sommer- und Winterreifen. Die Wahl hängt somit stark vom individuellen Fahrprofil und den typischen Straßen- und Witterungsbedingungen ab.